Welche Obliegenheiten sind zu beachten?
Obliegenheiten vor dem Schadensfall
Verletzt der Versicherungsnehmer eine wichtige Obliegenheit, ist der Versicherer berechtigt, die Leistung abzulehnen oder verhältnismäßig zu kürzen.
Hier einige der wichtigsten Obliegenheiten vor dem Eintreten eines Schadensfalles:
- Werden die Versicherungsräumlichkeiten von allen Personen auch nur für kurze Zeit verlassen, sind alle Eingänge, Terrassentüren und Fenster ordnungsgemäß zu versperren.
- Alle vorhandenen Schlösser müssen versperrt werden.
- Wenn das Gebäude von allen Personen für länger als 72 Stunden verlassen wird, sind alle Wasserleitungen zu sperren und Maßnahmen gegen Frost zu treffen.
- Hochwertige Gegenstände sind dem Versicherer zu melden.
- Alle Sicherheitsmaßnahmen, die laut Vertrag vereinbart wurden, sind ordnungsgemäß anzuwenden.
Obliegenheiten nach dem Schadensfall
Bei drohendem Eintritt oder bereits eingetretenem Schaden ist der Versicherungsnehmer immer verpflichtet, für die Abwendung und Minderung dieses Schadens zu sorgen. Sofern möglich, sind dabei Weisungen beim Versicherer einzuholen und zu befolgen.
Bei Einbruchdiebstahlschäden muss auch die Polizei unverzüglich informiert werden. Eine Liste mit allen Sachen, die beschädigt wurden, sollte vorbereitet werden.
Leistungsfreiheit besteht nur in dem Ausmaß, in dem eine Obliegenheitsverletzung tatsächlich Einfluss auf das Eintreten oder die Höhe des Versicherungsfalles hat.
Verschuldensgrad
Laut Versicherungsrecht kann der Versicherer die Leistung verweigern oder kürzen, wenn der Versicherte einen Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.
Grundsätzlich gilt:
Die Sachversicherung deckt Schäden innerhalb der versicherten Sparten, wenn diese unvorhersehbar eintreten bzw. leicht fahrlässig verursacht werden.
Die Haftpflichtversicherung deckt Ansprüche Dritter, wenn der Versicherungsnehmer bzw. der in der Polizze versicherte Personenkreis sie schuldhaft verursacht hat (auch schwer fahrlässig).
Eine vorsätzliche Handlung, die einen Schaden nach sich zieht, ist NIEMALS versichert! Nicht einmal die Kfz-Haftpflicht deckt vorsätzliche Handlungen (Stichwort Selbstmord durch Verkehrsunfall).
Erläuterung zu den verschiedenen Arten eines Verschuldensgrades:
- Vorsätzlich handelt, wer mit Wissen und Willen einen Schaden herbeiführt. Dem Vorsatz wird die Inkaufnahme gleichgestellt. Inkaufnahme und Eventualvorsatz liegen vor, wenn der Schädiger den Schadenseintritt für bloß möglich hält und sich mit seinem Eintritt abfindet.
- Leicht fahrlässig handelt, wer einen Fehler begeht, der auch einem gewöhnlich sorgfältigen Menschen gelegentlich passieren kann. Man spricht hier auch von Fahrlässigkeit mit Hang zum Entschuldbaren.
- Grob fahrlässig handelt, wer sorgfaltswidrig einen schwerwiegenden Fehler begeht, der einem gewöhnlichen Menschen in dieser Situation keinesfalls passieren würde.
Oft wird im Schadensfall darüber gestritten, ob eine leichte oder grobe Fahrlässigkeit besteht. Die Unterscheidung von grober und leichter Fahrlässigkeit ist in manchen Fällen äußerst schwierig. Eine endgültige Beurteilung des Verschuldensgrades erfolgt in diesen Fällen oft erst bei Gericht.
Dazu einige Beispiele:
Die Waschmaschine unbeaufsichtigt lassen
Sie lassen kurz die Waschmaschine unbeaufsichtigt und gehen schnell einkaufen. Während Sie abwesend sind, läuft das Wasser aus und überschwemmt die Wohnung:
leicht fahrlässig
leicht fahrlässig
Die Rechtsprechung hat beurteilt, dass in diesem Fall nicht grob fahrlässig gehandelt wurde[1]. Ist aber die Waschmaschine sehr alt und nicht mit einem Aquastop ausgerüstet, könnte dies als grobe Fahrlässigkeit gewertet werden.
Pfanne auf dem Herd vergessen
Der Versicherte möchte sich spät am Abend Pommes frites in der Pfanne zubereiten. Dabei vergisst er, den Herd auszuschalten und geht schlafen. Während er schläft, bricht der Brand aus:
grob fahrlässig
grob fahrlässig
Wegen des Christbaums brennt die Wohnung ab
Die versicherte Person lässt Kerzen unbeaufsichtigt am Baum brennen:
grob fahrlässig
grob fahrlässig
Falls sich ein Brand auch auf die Nachbarwohnung ausbreitet, deckt die private Haftpflichtversicherung Schäden an fremden Sachen.
Einige Versicherer bieten auch bei grob fahrlässig verursachten Sachschäden am eigenen Wohnungsinhalt Deckung bis zu einem Höchstentschädigungsbetrag an:
- VAV bietet den Einschluss der groben Fahrlässigkeit (Feuer-Risiko) bis max. EUR 5.000,00 auf 1. Risiko gegen einen Zuschlag von 15 €.
- Allianz bietet den Einschluss bis zu € 50.000,- an.
- Wüstenrot im Rahmen des Haushaltsversicherung-Produkts „XXL-Schutz“: Schäden bei grober Fahrlässigkeit bis 50 % des Gesamtschadens (nicht jedoch bei strafrechtlicher Verurteilung).
- Muki deckt Schäden durch Feuer, Leitungswasser und Sturm auch bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadens, jedoch beträgt die Leistung 50 % des ersatzfähigen Schadens bis maximal 10.000 EUR.
Regelung bei „grober Fahrlässigkeit“
Vor 2008 musste die Versicherung die Deckung nicht übernehmen, wenn ein Versicherter einen Schaden grob fahrlässig verursacht hatte. Dabei war es nicht von Bedeutung, wie weit das Fehlverhalten die Höhe und das Entstehen des Schadens beeinflusst hat.
Seit 2008 darf der Versicherer die Leistung nur noch anteilig kürzen, und zwar um den Anteil der Schadenshöhe, die direkt im Zusammenhang mit der groben Fahrlässigkeit steht.